Neue Lauschophone

Es ist soweit. Mit sieben Jahren in den feucht warmen Gehörgängen eines 54 jährigen Sozialpädagogen mit Hang zu schwarzem Humor, können meine Oticon InOhr Geräte auf baldigen, wohlverdienten Ruhestand hoffen. Es wird aber auch Zeit! Ersatzteile gibt es für die Schätzchen schon nicht mehr und die Plastik des linken Geräts zerbröselt langsam aber sicher. 

Ich machte also einen Termin bei meinem HNO aus, um mir eine entsprechende „Ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe“ zu besorgen. Ohne die geht garnix. Auch wenn Hörschäden bekanntermaßen  irreversibel – also nicht mehr rückgängig zu machen – sind, muss man trotzdem so etwas vorlegen. Muss ja alles seine Ordnung haben.HG Verordnung

So sieht so eine Verordnung aus. In der HNO Praxis werden dann Audiogramme gemacht, die im Jahr 2023 – also mehr als 50 Jahre nach der Mondlandung – nach wie vor handschriftlich in den Antrag übernommen werden. Mit diesem Wisch geht man dann zum Akustiker. Der nickt verbindlich, legt das Papier zu den Akten und macht ein digitales Audiogramm, das nicht nur bessere Qualität hat, sondern auch papierlos ist.

Ich stelle mir immer vor, wie die Krankenkassen voll-kom-men überrascht, ja bass erstaunt feststellen: „Mensch, der Krause hört ja immer noch so schlecht! Das hätten wir jetzt nicht erwartet.“

Wenn sich wenigstens die Zuzahlung am Grad der Hörfähigkeit orientieren würde! Nö! Gibt für alle das gleiche Geld. Aktuell 685 € pro Seite. Egal ob Du ein leichte Unterstützung benötigst oder Power- Geräte, die einem normalhörenden Hörschäden zuführen würden.

Aber wie gesagt, muss ja alles seine Ordnung haben.

Und natürlich den Stempel nicht vergessen!

 

Zwischendurch machte ich einen Vorabtermin bei meiner Akustikerin aus, damit sie sich schon mal Gedanken machte, was sie mir anbieten könnte, um es dann entsprechend zu besorgen  

 Längere Zeit habe ich den Markt nicht verfolgt und war daher überrascht, als meine Akustikerin mir bei eben diesem Vorabtermin ans Herz legte, doch mal Geräte von „Starkey“ auszuprobieren.

„Starkey“? Noch nie gehört! Ich hätte hinter dem Namen eher den nächsten Teil von Star Trek vermutet.

Erleben Sie, wie die Enterprise und ihre Crew noch in viel – ja fast schon unerhört enorm – entferntestere Galaxien vordringt, um dem Super -Oberbösewicht Lord B- Zos das Amulett von Capitalis – den Starkey – zu entringen, damit der nicht das komplette Universum – schwupsdidödel – in ein Mega- Ultra- Amazon- Logistik- Zentrum verwandelt: DAS AMAVERSUM! (dramatische Musik, irgendetwas explodiert superlaut im luftleeren Weltraum, kurz erscheint der glatzköpfige, grenzdebile Super-
Oberbösewicht, final blickt in der Schlusseinstellung des Trailers eine Gruppe von verdammt gut aussehenden, jungen Menschen und vorzeigbaren Außerirdischen in hautengen chamoisfarbenen Lycra- Anzügen mit altorangenen Applikationen an den Revers schmissig in die Kamera
.

Dafür würde ich ins Kino gehen!

Das Amulett von …..nein… Starkey, so meine Akustikerin weiter, sei ein Familienunternehmen aus Nordamerika, das mit seiner letzten Modelreihe einen neuen Status Quo geschaffen habe. Ich horchte, nein, ich hörgerätete auf.

„Klar! Das probiere ich aus!“ sagte ich.

Zuletzt merkte meine Akustikerin noch an, das der Vorstand auf den Entwicklungsmeetings wohl immer nur „ja“ zu den Vorschlägen der Entwickler gesagt habe. Wir vereinbarten noch den Termin zur Anprobe, dann entließ mich meine
Akustikerin (ab sofort Frau B.) in den erfrischenden Schneeregen eines Januarabends.

Der letzte Satz war mir hängen geblieben: „…das der Vorstand auf den Entwicklungsmeetings wohl immer nur „ja“ zu den Vorschlägen der Entwickler gesagt habe.“

Zwei Abende später setzte ich mich mit dem Prospekt -aus Papier! VOLL RETRO! – von Starkey auseinander, das ich
mitbekommen hatte. Immer noch den Satz von Frau B im Ohr. Ich blätterte zu der Seite, auf der die Eigenschaften und Ausstattungen der einzelnen Geräte in einem dieser Punktdiagramme abgebildet war. In der horizontalen Spalte die
Geräteklassen: Spitzenklasse bis Standard. Dazwischen noch Oberklasse, Komfort Plus und Komfort. Ich sollte ein Gerät aus dem Komfort Plus Segment testen. In der vertikalen Spalte die Eigenschaften und Ausstattungen.

Beim Lesen der vertikalen Spalte, wusste ich, was Frau B gemeint hatte:

Sprachübersetzung!

Sprache- zu- Text!

Find my phone!

Fitnesstracking!

Sturzalarm!

Erinnerungen! (Achtung, sie hören schlecht!) 

u.v.m.

Rubbeldiekatz! Die hatten richtig Gas gegeben.

Und hören sollte man auch noch damit!

Ich war begeistert.

Obwohl: Strickliesel, Korkenzieher und Lötkolben hätten sie dann praktischerweise auch gleich spendieren können.

Aber man darf nicht gierig sein.

„Meine“ Geräteklasse Komfort plus ist auch schon gehörig üppig ausgestattet. So Sachen wie Sprachübersetzung und Sprache- zu- Text sind natürlich der Spitzenklasse vorbehalten und das hat dann natürlich auch einen Spitzenpreis. (Wobei mir nicht ganz klar ist, wozu man das braucht. Jedes billige androide Tippelkistchen kann das inzwischen mit Hilfe vom Elgoog – Übersetzer. Aber bitte schön.)

Leider musste ich unseren ersten Termin zur Anprobe krankheitsbedingt absagen.

Aber Morgen werde ich sofrt Frau B – meine Akustikerin – anrufen, um einen neuen Termin auszumachen.

DIE DINGER MÜSSEN IN MEINE OHREN!

 

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